Ein neues Jahr beginnt. Juhu! Zu dieser Zeit machen sich viele Menschen Gedanken um ihre Wünsche, Träume und Ziele für die nächsten zwölf Monate. Ich auch. Diese außergewöhnlichen und sehr herausfordernden Zeiten haben mich veranlasst, ein Thema zu beleuchten, das mir sehr am Herzen liegt: Die Menschlichkeit.
„Wo ist sie denn nur geblieben, die Menschlichkeit?“ Und haben wir als Menschheit überhaupt jemals eine Epoche erlebt, in der wir wahre Menschlichkeit praktiziert haben? Und was bedeutet „menschlich sein“ eigentlich? Ist nicht unser gesamtes Denken und Handeln mehr oder weniger menschlich?
Wenn wir bei Wikipedia Menschlichkeit eingeben, finden wir zwei unterschiedliche Deutungen des Begriffes Menschlichkeit. Erstere beschreibt „alles, was Menschen zugehörig oder eigen ist“ (insbesondere das, was den Menschen vom Tier unterscheidet) und Zweitere bezieht sich auf die Vorstellung, wie der Mensch sein solle oder angeblich seiner wahren Natur oder idealen Bestimmung nach sei. Züge des Menschen, die objektiv als richtig oder gut gelten, zum Beispiel Mitgefühl, Nächstenliebe, Güte, Milde, Toleranz, Wohlwollen und Hilfsbereitschaft, werden hier zugeordnet.
(Mit meinem Text beziehe ich mich klar auf die zweite Deutung des Wortes Menschlichkeit.)
Und da stellt sich mir die Frage:
Was ist nur mit uns Menschen los?
Wenn ich durch die sozialen Medien scrolle oder Tageszeitungen durchblättere, wimmelt es zur Zeit nur so von Schuldzuweisungen, Angstmache, Hetze und Zynismus. Wenn wir nicht die gleiche Meinung wie das Gegenüber vertreten, werden wir belehrt, verachtet oder sehr oft auch einfach lächerlich gemacht und als Idiot*in hingestellt.
Das ist zum Einen vermutlich auf die sozialen Medien selbst zurückzuführen, wo eine fruchtbare Diskussion gar nicht stattfinden kann, zum Anderen auf die sogenannten Leitmedien, die – wie mir vorkommt – gezielt provozieren und einen sehr bewusst aggressiven und verächtlichen Ton Andersdenkenden gegenüber an den Tag legen. Zum Dritten mag es der Tatsache geschuldet sein, dass wir durch die verschiedensten Maßnahmen isoliert sind, uns vielleicht einsam fühlen und uns mit unseren innersten Ängsten konfrontiert sehen. Wir fühlen uns eventuell ohnmächtig und reagieren darauf mit Aggression. Achja, und Winter ist auch noch.
Bei vielen von uns werden tiefe Ängste getriggert. Zum Teil mag das auch mit nie aufgearbeiteten kollektiven Traumata wie jenen der letzten beiden Weltkriege zusammenhängen. Jedenfalls fühlen wir uns an unsere Grenzen getrieben. Wir sehen keine Lösung. Also suchen wir nach einem Feindbild, auf das wir unsere Ängste, unseren Hass und unsere Hilflosigkeit projizieren können: „Die Andersdenkenden“. Vielleicht erklärt das, weshalb einige so bösartig, voller Hass und ohne jede Empathie verbal auf andere hinschlagen. Vielleicht wiederholt sich deshalb die Geschichte immer wieder. Der Philosoph George de Santayana soll gesagt haben: „Wer seine Vergangenheit nicht kennt, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen“. Und doch dürfen wir uns die Frage stellen, ob Ausgrenzung und Neid jemals zu einer konstruktiven Lösung beigetragen haben. Und uns gleich selbst die Antwort darauf geben, denn wir kennen sie alle…
Kann es also sein, dass „Die Anderen“ gar nicht Schuld an unserem Befinden haben? Kann es sein, dass wir in uns etwas fühlen, vor dem wir unendlich viel Angst haben, weil wir es nicht greifen können? Und kann es sein, dass wir spüren, dass die Zeichen auf Veränderung stehen, wir aber noch gar nicht richtig bereit dafür sind? Doch wo liegt die Lösung? Wie kommen wir aus dieser Spirale des Feindbilddenkens, der zermürbenden Angst und der Spaltung heraus?
Hier ein paar mögliche Ansätze:
1. Ein Ziel haben
Für mich ist eines der wichtigsten Dinge, eine Vision zu haben. Eine Vision, für die wir brennen. Wir könnten uns also die Frage stellen, welchen Beitrag wir leisten wollen, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen? Wo können wir uns einbringen? Wie können wir andere inspirieren, motivieren oder unterstützen?
Wenn wir einen Sinn in unserem Dasein erkennen, kann uns eigentlich nichts mehr aufhalten. Wir brauchen niemand mehr zu beschimpfen oder klein zu machen, nur weil er oder sie nicht unsere Meinung teilt. Wir haben gar keine Zeit uns mit Nörgler*innen auseinanderzusetzen, weil wir Ideen, Möglichkeiten und Lösungen für unsere Konzepte und Ideen suchen um diese zur Entfaltung zu bringen.
Wir wollen kreieren, lernen und uns mit Menschen vernetzen, die unserer Vision förderlich sind. Immer auf der Suche nach der besten Lösung. Bedeutet Menschlichkeit nicht auch, gemeinsam an Visionen und Missionen zu arbeiten?
2. Wertschätzende Kommunikation
Bei Marshall B. Rosenberg, dem Begründer der „Gewaltfreien Kommunikation“ stoße ich immer wieder auf Zitate, die viel Weisheit enthalten. So zum Beispiel dieses: „Wenn wir wirklich gehört werden mit unseren Gefühlen und Bedürfnissen, ändern wir uns.“ Schön, oder?
Für Kinder ist es essentiell, wahr- und ernst genommen zu werden, so wie sie sind. Gilt das nicht für uns Erwachsene genauso? Ich glaube schon.
Dem Gegenüber wirklich zuzuhören, es nicht mit Argumenten zuzuballern, sondern mit Anteilnahme zu versuchen, die Worte des Anderen wirklich zu verstehen vermittelt echte Wertschätzung. Immer wieder Fragen zu stellen, ob das Gesagte so verstanden wurde, wie es gemeint war.
Und auch hier passt ein Rosenberg-Zitat:
„Es sind nie die Tatsachen, die uns beunruhigen und ärgern, es sind immer unsere eigenen Bewertungen.“ Wir bewerten häufig sehr schnell und wollen zu selten wirklich verstehen. Vielleicht weil wir so gerne gewinnen? Oder weil wir recht haben wollen? Wie oft gelingt es uns, wirklich aus tiefstem Herzen zu akzeptieren, dass jemand anderer Meinung ist? Ein Thema einfach so stehen zu lassen, ohne überzeugt zu haben oder überzeugt worden zu sein? Wie oft sagen wir: „Auch wenn wir hier nicht einer Meinung sind, ich schätze dich.“ ?
Ein Schlüsselfaktor für mehr Menschlichkeit ist meiner Meinung nach die Kommunikation. Leider wird ihr gesellschaftlich wenig Wert beigemessen. Umso wichtiger erscheint mir, selbst zu entscheiden, der Kunst der einfühlsamen Rhetorik mehr Raum zu geben. Das fällt nicht immer leicht, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Manchmal gelingt es gar nicht und auch in meiner Familie wird es oft laut, launenhaft und leidenschaftlich. Wir üben jedoch fleißig.:-) Es ist eben kein Sprint, sondern ein Marathon. Und es ist ein schönes Erlebnis, sich verstanden zu fühlen und in den Augen des anderen zu sehen, wie gut es tut, sich mit Gefühlen und Bedürfnissen mitgeteilt zu haben und gehört worden zu sein. Es verbindet, es lässt uns offener werden und angstfreier kommunizieren.
3. Der eigenen Intuition vertrauen
Ich starte auch hier mit einem Zitat: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“ Wie oft haben wir diese Redewendung seit unserer Kindheit gehört? Ich fürchte, dieses Zitat wurde willkürlich auf alle erdenklichen Bereichen des Lebens angewandt. Auch dort, wo das Gegenteil angebracht wäre: zu vertrauen. Ich gehe noch einen Schritt weiter und mutmaße, dass wir als Menschheit gerade durch unsere Kontrollsucht dorthin gekommen sind, wo wir jetzt stehen. In die Angst. In die Panik. In die Unsicherheit. In eine Endlosschleife von Vermeidungsstrategien.
Wir haben Angst, Dinge nicht mehr kontrollieren zu können. Und doch ist Kontrolle die Überlebensstrategie von so vielen von uns. Die Angst vor Veränderung ist so groß, dass wir alles versuchen um nur nicht hinschauen zu müssen, was wirklich passiert. Bevor wir uns verändern, verharren wir lieber in einer unangenehmen Situation. Wieso? Was, wenn wir einfach darauf vertrauen würden, dass alles so ist, wie es sein soll, wie leicht wäre es uns dann ums Herz? Wenn wir in uns selbst und unserer Intuition vertrauten, was wäre dann alles möglich, das wir durch unsere krampfhafte Kontrollsucht gar nicht mehr sehen können?
Ich meine nicht, dass wir alles hinnehmen sollen. Überhaupt nicht. Ich spreche davon, unsere Intuition zu schulen und ihr dann vertrauensvoll zu folgen. Weil wir so unseren eigenen Weg gehen, anstatt etwas zu tun, nur weil es jemand anderes auch tut. Öfter einmal die Kontrolle abgeben und den unbekannten Weg gehen. Uns im freien Fall üben. Und auf unserem Weg Gleichgesinnten begegnen, die ebenso beherzt ihrem Weg folgen. Aus diesem Impuls heraus Projekte initiieren: Gemeinsam statt einsam.
Denn wenn wir etwas aus unseren intrinsischen Impulsen tun, wenn wir unserer inneren Stimme folgen und dann Gleichgesinnte finden, sind wir zurück auf dem Pfad der Menschlichkeit. Dann können wir uns selbst vertrauen und den anderen ihre Meinung, ihre Weltanschauung und ihre Impulse lassen. Wir vertrauen dann darauf, dass das Leben schon zusammenführt, was zusammen gehört und dass es gut ist, wie es ist. Ob wir nun neue Weggefährten finden oder ob wir uns von den einen oder anderen trennen. All das darf sein. Mit Achtsamkeit und Respekt. Und es ist doch auch viel schöner, mit wunderbaren Menschen Erfahrungen und Erkenntnisse zu teilen, deren Herz für ähnliche Visionen wie die unseren schlägt. Es ist vor allem so viel menschlicher, als alleine in der Wohnung zu hocken und auf Facebook das beim Lieferservice bestellte Mittagessen zu posten.
Lasst uns gemeinsam Anteil an unseren Mitmenschen nehmen, ohne sie zu belehren oder zu beurteilen. Lasst uns Feste im Freien feiern und uns gegenseitig zuhören. Lasst uns miteinander an unseren Visionen und Zielen feilen und lasst uns gemeinsam ins Vertrauen gehen um friedvoll in die Zukunft zu starten.
Es beginnt und endet immer mit einer Entscheidung. Lasst uns gemeinsam für die Menschlichkeit, die Freude und die Liebe entscheiden.
Das ist mein Wunsch für 2022 🙂
In herzlicher Verbundenheit
Sehr ansprechend, ein Gesamtkunstwerk liebe Nora! 👏💪🤗
Danke liebste Lena, dass freut mich sehr von Dir zu lesen.
Liebe Nora, BRAVO – du sprichst mir aus der Seele. Wunderschön und auf den Punkt gebracht. Vielen Dank. ❤️
Wie schön, danke dir für deine Wertschätzung.
Guten Morgen Nora,
DANKE für deinen Blogeintrag – sehr umfassend und gut geschrieben.
Alles leicht zu lesen und verständlich.
Zur Erinnenerung gestern war Weltfriedenstag (von der katholischen Kirche ausgerufen)
Da hat dein Beitrag sehr gut gepasst.
Ich füge deinem Schreiben und Gedanken nichts hinzu, sondern gedenke sie umzusetzen.
schönen Sonntag wünscht Ernst
PS: In diesem Sachen ist eine gute Quelle Klaus Heidegger (Religionslehrer) – ergänzend zu deinen Gedanken – siehe Link:
http://www.klaus-heidegger.at/?p=7103&fbclid=IwAR3GTZtgEMFd_rI8Y2jEYXLFzVFSu2XpF3wLDPeQCeP7uobmj7hNTN7A22A
Lieber Ernst, immer eine Freude deine Gedanken zu lesen. Danke für deine Anerkennenden Worte. Alles liebe Nora
Liebe Nora!
Der Mond geht um, und damit die Phase der Veränderung bis hin zur Mitte des Jahres oder so ähnlich, wenn ich das, was du astrologisch zitiert hast, richtig verstanden habe!
Zur Erinnerung, am 1.Jänner war Weltfriedenstag (von der katholischen Kirche ausgerufen)
Da hat dein Beitrag sehr gut gepasst. Die Welt war in Ordnung, der Jahreswechsel fulminant abgehandelt und über die Bühne gegangen, ich und die beste Ehefrau von allen, samt weiteren vier Freunden, also 3 Ehepaare haben sich traditionell getroffen, und sich wieder versprochen, ja auch während des Jahres zu treffen – nur um dann wieder am letzten Tag des Jahres bei einander zu sein. (Creedenz Clearwater Revival: – See the bad moon a-rising – I see trouble on the way – I see earthquakes and lightnin‘ – I see bad times today …)
Wir haben Angst, Dinge nicht mehr kontrollieren zu können. Und doch ist Kontrolle die Überlebensstrategie von so vielen von uns. Die Angst vor Veränderung ist so groß, dass wir alles versuchen, um nur nicht hinschauen zu müssen, was wirklich passiert. Bevor wir uns verändern, verharren wir lieber in einer unangenehmen Situation. Wieso? Was, wenn wir einfach darauf vertrauen würden, dass alles so ist, wie es sein soll, wie leicht wäre es uns dann ums Herz? Wenn wir in uns selbst und unserer Intuition vertrauten, was wäre dann alles möglich, das wir durch unsere krampfhafte Kontrollsucht gar nicht mehr sehen können?
– Hier kommt nun der Mond ins Spiel, und seine Energie? Wir sechs Menschen, haben gemeint einander zu kennen, – und am 7.Jänner änderte sich alles, und von der Gemeinschaft der Sechs hat sich einer selbst (im Angesicht des vorherigen Absatzes ) aus dem großen Spiel genommen. „Seine Frau hat ihn 20 Minuten nicht kontrolliert –
Nun sitzen wir hier, und das WARUM? nimmt viel Raum ein – es war übrigens jener, der als Alleinunterhalter galt, der für die Stimmung zuständig war und hinter den Kulissen so ganz anders war.
Verdammter Mond !!!!
Lieber Ernst, dein Verlust tut mir von Herzen leid. Alles liebe Nora